Probleme mit den Pässen bei den Reisenden
Denny Lukes, 01.06.2024
Neustadt gegen Orlamünde endet mit einem Unentschieden. Treffpunkt, wie gewohnt am Sportlerheim, Henri beobachtet durchs Kneipenfenster (auch wie gewohnt) die Ankunft der Spieler vom Tresen aus. Er stellte fest, dass Neustadt von „A wie Andy“ bis „Z wie Zimmer“ auf die Reise gehen würde. Vor der Abfahrt zur Anke gehen, kann man so machen, Henri ist immerhin seit Dekaden Betreuer. Alles routinierte Abläufe. Er weiß worauf es ankommt, was wichtig ist, was gebraucht wird und weiß auch, wie man sich dennoch einen Szenenapplaus abholt, wenn er an den Kasten Wasser denkt.
Für die abenteuerliche Etappe ins Holzland musste also Routine her. Unzählige Baustellen und Umleitungen sollten kein Problem für Ivo McSkudel sein. Denn das wichtigste für einen Rallyefahrer ist natürlich auch sein Beifahrer. Der war aber leider Rosi, der getreu dem Motto „Während der Fahrt nicht mit dem Fahrer sprechen“, seinen Kapitän stillschweigend navigierte. Als jedoch die Lichtenauer Linde gekonnt umfahren werden konnte, sollte der sicheren Ankunft nichts mehr im Wege stehen. Wildwechsel Fehlanzeige, immerhin saß der Hirsch ja mit im Bus.
In Orlamünde angekommen, kam es schon in der Kabine zu erste Reibungspunkten und Zweikämpfen, als sich die ersten Schwergewichte in der schmalen Kabine zwischen Bierkästen und Spielertaschen verkeilten. Nach dem Hirschi die ersten Trikots austeilen wollte und die Nummern „81“, „50“ und „29“ ausrief, jedoch keinen Abnehmer fand, was auch nicht das letzte Mal an diesem Tag sein sollte, dämmerte es den ein oder anderen Spieler schon. Haben wir überhaupt die richtigen Trikots mit? Solche Trikotnummern hängen sonst in der NBA nur unter der Hallendecke. Aber egal, lieber die falschen Trikots, als gar keine Trikots. Hosen waren auch da, aber bei den Stutzen lag der Hase im Pfeffer. Stutzen hatten wir so viele, wie unsere Zweite Mannschaft Saisonniederlagen. Nämlich keine. Orlamünde half dankender Weise aus und spendete ein paar nostalgische Stegstutzen. Es konnte losgehen zum Warmlaufen und es war etwas Zeit zum Smalltalk über Wasserbeine und Krampfadern. Schlagworte, die in Neustadt keiner öfters zu Hören bekommt als unser geschätzter Nils Dorow, welcher freudestrahlend aus dem Schlauchbootverleih lugte und viel Erfolg wünschte. So mancher Spieler erwiderte: „Mach´s gut Nils, wir sehen uns bestimmt am Montag!“.
Anpfiff und Neustadt startete mit einem Doppelschlag. Fünf Minuten waren gespielt. Perfekte Flanke nach Ecke von Besser ins Spielfeld und Max stieg am höchsten und köpfte fulminant ein. Wie jetzt? Perfekte Flanke? Besser? Im Spielfeld? „Flanke von Besser“, dass las man im Spielbericht gegen Stadtroda ja mehrfach, aber „im Spielfeld“, das war neu. Felix schien unter der Woche das einzig Richtige gemacht zu haben. Er blätterte am Montagmorgen im ZASO-Abfallratgeber nach den Öffnungszeiten, fuhr zur Wiewärthe nach Pößneck und warf seine Fußballschuhe in den Sondermüll. Da lag es wohl doch an den Schuhen. Das 0:2 steuerte Hirschi bei, der den Gegner scharf anlief, den Ball eroberte und eiskalt abschloss. Neustadt nahm jetzt das Tempo raus und somit plätscherte, neben der Orla, auch das Spiel allmählich dahin. Bis Kapitän Ivo die Mannschaft aus dem Tiefschlaf holte. Ein Ballverlust im Spielaufbau führte zum 1:2 Anschlusstreffer. Leider war jetzt nur die falsche Mannschaft wach und die hieß Orlamünde. Dauerdruck und Strafraumbelagerung waren die Folge. Orlamünde hatte immer mehr Strafraumszenen und als der gegnerische Stürmer den Strafraum mit dem Ball verlassen wollte, schritt Andy ein. Elfmeter. Donner Dommsen war gefragt, hatte die richtige Ecke erspäht, aber gegen den straffen Schuss letztendlich machtlos. 2:2 Halbzeitstand.
Nach dem Wiederanpfiff waren weiter die Gastgeber aktiver und das nahezu Einzige was an diesem Abend aus Neustadt kam und sein Ziel nicht verfehlte, war wohl die Orla selbst, welche zielsicher in die Saale mündete. Wären unsere Alten Herren an diesem Abend auch ein Fluss gewesen, dann würde Orlamünde jetzt wohl in einem Delta liegen. Das Neustädter-Fehlpass-Delta von Orlamünde. Ohne erkennbares Ziel, an Freund und Feind vorbei, verwaisten und verendeten zahllose Pässe außerhalb des Spielfeldes und gefährderten die umliegenden Verkehrsteilnehmer und Schaulustigen. Neustadt hing in den Seilen und es folgte das 3:2 für Orlamünde. Neustadt schien geschlagen. Hölzi lieferte sich einen verbalen Schlagabtausch nach dem anderen, leider nur mit seinem Gegenspieler und dem Schiri. Aber Neustadt brachte noch mal Schärfe ins Spiel und besinnte sich auf seine heutige Stärke…das Passspiel. Andy trieb das Leder mit seinen Giovanne-Elber-Gedächtnisschuhen vor sich her und sah wohl Usain Bolt oder Ben Johnson als er Totti auf die Reise schickte. Eine Reise die schon vorbei war, bevor sie begonnen hatte. Der gute Schiri rief die „letzte Aktion“ aus und Neustadt hatte Ecke. Tohuwabohu im 5-Meter-Raum und Orlamünde klärt. Noch mal Ecke und noch mal hieß es „letzte Aktion“. Noch mal Ecke Rosi und Eckert wirft seine ganze Erfahrung in seinen Kopfball zum umjubelten 3:3 Ausgleichstreffer. Abpfiff und Henri freute sich über eine gewonnene Bratwurst, die er sich dann selber kaufte.
Etwas niedergeschlagen und mit sich selbst hadernd machten sich unsere Alten Herren auf den Heimweg. Taschen in die Busse, peripher die Bieranzahl im Kasten prüfen und sich lieber noch ein Fahrtbier zur Sicherheit bunkern und natürlich die Trikots, Hosen und STUTZEN nicht vergessen, dachten sich zumindest Ivo und Henri. Schließlich sollte ihnen das nicht noch mal passieren. Also ab ging´s, mach´s gut du schönes Holzland. Doch dann, nach 5 Minuten Fahrt, Vollbremsung im Bergkamm! Anruf aus Orlamünde, die ihre Stutzen suchten. Na ja, immerhin hatten wir ein paar von unseren Hosen dort gelassen.
Quelle:D. Lukes